In letzter Zeit kommt man an ihnen kaum vorbei, gerade auf den Social Media Kanälen wie Facebook und Youtube, aber auch in den Wirtschaftsmagazinen sind sie permanent präsent: die neuen Steuer-Gurus.

Und sie scheiden die Geister: Die einen sind begeistert – und zwar sowohl Mandanten als auch Steuerberater – und zahlen teilweise 5 stellige Beträge, um an die „legalen“ Steuertricks zu kommen.

Die anderen schäumen und werfen den „Steuercoaches“ mangelnde Seriosität vor.

 

Hier mal ein Versuch, die Dinge leidenschaftslos zu betrachten.

Ein Artikel als Food for Thougt - Gedankenfutter

Diese Woche ist  mir mal wieder etwas dazu in meine Inbox geflattert (gibt es dafür eigentlich schon ein „Online-Wort“?): ein Artikel auf wallstreet online.

Hier der Link zum Artikel.

Diese Werbung für einen der Steuercoaches ist journalisitisch im Stil des Storytellings aufgemacht; sprich: Es wird die Geschichte eines Steuerpflichtigen erzählt. Gute handwerkliche Arbeit: Mein Freund hat mir von seinen Steuerproblemen erzählt …

Dann wird sehr geschickt die Frage gestellt, warum denn „normale“ Steuerberater das Thema Steuern Sparen nicht hinbekommen. Ein Grund sei: Steuerberater sind dafür einfach nicht ausgebildet – na ja in der Prüfung kommt das ja tatsächlich eher nicht vor …

Die „wahre“ Geschichte

Der Freund hat von seinen Steuerberatern immer nur folgende Sätze gehört (hier zitiere ich wörtlich):

 

“Ich höre immer wieder diese drei Sätze:

  1. “Wer viele Steuern zahlt, hat ja auch viel verdient”
  2. “Alle Steuerschlupflöcher sind geschlossen” und
  3. wenn ich mit eigenen Ideen komme, dann höre ich “Das geht so nicht, das ist Gestaltungsmissbrauch”. 

Hand auf´s Herz, diese Sätze sind Ihnen auch schon über die Lippen gekommen?

Und womit? Wahrscheinlich im einzelnen Fall mit Recht.

Da muss der Mandant dann eben mal durch.

Im Leben geht es aber nicht immer darum wer Recht hat. Es geht insbesondere bei Kundenbeziehungen darum, die Erwartungen und Wünsche des Kunden ernst zu nehmen und sich konstruktiv mit ihnen auseinanderzusetzen.

 

„Nein“ ist oft nicht die Antwort, die das erreicht.

Was wir von den Gurus lernen können

Punkt 1: Steuern Sparen ist bei den Mandanten ein Thema

Auch wenn wir als Experten wissen, dass die meisten Steuertipps bei den meisten unserer Mandanten nicht wirklich umsetzbar sind – der Wunsch der Mandanten bleibt davon unberührt – und unerfüllt.

 

„Steuern Sparen ist out“ kann nicht die Antwort darauf sein.

Punkt 2: Beratung wahrnehmbar machen

Die Gurus verbreiten ja nicht nur eher riskante Modelle mit hohem Umsetzungsaufwand (und damit meine ich Zeit und Investitionen) wie Genossenschaftsmodelle. Auch die „Basics“ wie degressive Abschreibungen werden zu „Geheimtipps“.

Unseriös? Nein, aber schlau.

Die meisten Steuerberater haben diese Basics (und mehr) natürlich im Griff und klopfen im Hinterkopf diese Punkte bei jedem Mandanten automatisch ab.

Der Unterschied: Sie reden nicht darüber.

Und da ist er wieder, der erste Grundsatz der Beratung: Mach Beratung wahrnehmbar indem Du sie thematisierst. Oder eben: Tue Gutes und rede drüber.

Mein Tipp für Ihren Claim: Wir können mehr als Steuern sparen!

Punkt 3: Selbstvertrauen ist der erste Schritt zu Vertrauen

Jemand, der emotional und genervt auf entsprechende Fragen und Vorschläge des Mandanten reagiert, selbst aber keine „kreativen“ Ideen beisteuern kann, wird vom Mandanten auf das reduziert, was aus seiner Sicht bleibt: Er kann Steuererklärungen erstellen, die vom Finanzamt (hoffentlich) ohne Rückfragen akzeptiert werden.

Souveränität ist angesagt.

Mein Tipp: Agieren statt reagieren

Beobachten Sie die Aktivitäten der Steuercoaches – zum Beispiel mit einer Suchroutine über google Alerts (hier können Sie das Netz permanent nach den von Ihnen definierten Suchbegriffen durchsuchen lassen).

  • Zu den „kleinen“ Tipps können Sie eh etwas sagen
  • Wenn Sie ein Modell noch nicht selbst kennen, sollten Sie sich schlau machen. Des Pudels Kern liegt ja meist nicht im Tipp selbst, sondern in der Umsetzung. Ist der Mandant wirklich bereit, die notwendigen Mittel auch zu investieren? Ist ihm klar, was das genau in seinem Fall heißt? Meist ist es einfacher, an dieser Stelle anzusetzen als ihm mit dem Finanzamt zu „drohen“, das das Modell vielleicht kippt.
  • Thematisieren Sie dann die Spartipps gegenüber Ihren Mandanten: „Sie haben vielleicht auch von … gelesen/ gehört. Darüber sollten wir uns mal unterhalten …“

    Natürlich gegen Honorar – er kann alternativ  auch gern für ein Vielfaches zu einem der Steuercoaches gehen 😉

So haben Sie eine professionelle, entspannte Reaktion parat, wenn Mandanten Sie auf das Thema ansprechen.

„Ja, da habe ich mir auch schon Gedanken gemacht …“.

 

Auch wenn Sie schon wissen, dass der Tipp, mit dem der Mandant kommt, bei ihm  garantiert nicht funktioniert.

 

Welches Schweinderl hätten´s denn gern? Steuersparmodelle über die Zeit

Ich oute mich mal: Ich bin jung genug, die Bauherrenmodelle der 70er nicht mehr live erlebt zu haben. Ich bin alt genug GmbH- und Betriebsaufspaltungs-Hype, Finanzierung über Lebensversicherungen mit Tilgungsaussetzung, Pensionsrückstellungen, Ostimmobilien, Flugzeugleasing und Filmfonds erlebt zu haben. Und ich habe ehrlich gesagt an den SteuerCD`s aus der Schweiz im Endeffekt nicht schlecht verdient (mein Honorarmodell war damals: 10 % der Nachzahlung).

Irgend eine S.. wir immer durch´s Dorf getrieben.

Es ist Ihre Entscheidung, wie Sie damit umgehen.

Ein Beispiel: Steueroasen

Das Thema Steueroasen ist auch so eines, dass mich begleitet hat. Als der Milch-Müller 2003 in die Schweiz auswanderte, machte das Mode. So auch bei meinem größten Mandanten.

Ein Mittelständler wie er im Buche stand: 120 Mitarbeiter, erfolgreich in dritter Generation.

Natürlich war mir klar, dass das mit dem Auswandern bei ihm nicht funktionieren würde. Mir war aber auch klar, dass er das aus meinem Munde nicht hören wollen würde.

Für Insider: selten habe ich so viel rote Energie gesehen.

Also suchte ich mir den Knackpunkt bei ihm heraus: Drei minderjährige und damit schulpflichtige Kinder…

Ich habe nicht gesagt: „Geht bei Ihnen nicht.“ Oder „Ist Gestaltungsmissbrauch“.

Das Gespräch

StB: „Ich kann verstehen, dass Sie darüber nachdenken. Ihre Steuerlast ist bei aller Optimierung, die wir in den letzten Jahren bei Ihnen betrieben haben, immer noch erheblich. (Hier folgten ein paar Beispiele für die Optimierung wie Niederlassungen in der Schweiz und Polen. Brasilien war gerade in Planung).

Lassen Sie uns das Ganze mal durch spielen.“

Und dann sind wir die einzelnen Voraussetzungen durch gegangen – und ich habe nicht mit meinem Knackpunkt angefangen, der kam so als dritte Voraussetzung. Und nicht mit der Einleitung: Und jetzt kommt d a s Gegenargument, sondern ganz sachlich:

 

„Voraussetzung ist natürlich, dass Ihre gesamte Familie ihren Wohnsitz in die Schweiz verlegt… Lebensmittelpunkt heißt, dass Sie Ihre Zelte hier auch privat abbauen … Kinder, Schule, Villa aufgeben, …“(ich kürze hier mal ab).

„Das war Ihnen nicht klar? Ah so, hmmm …“ Und dann die wichtigste Waffe: Schweigen. Hörbar war nur das Rattern der Gedanken des Mandanten.

 

Der finale Coup de Grace wie man im Fechten sagen würde: „Am besten besprechen Sie das mit Ihrer Frau und Ihren Kindern und wir reden noch einmal drüber.“

Ich wünsche Ihnen gute (Beratungs-)Gespräche.