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Zurücklehnen und inspirieren lassen

25. Juli 2019 | Die Arbeit könnte so viel schneller gehen, wenn „man mal dran bleiben könnte…“

Nicht zuletzt der stockende Belegfluss von Mandantenseite macht die „Abarbeitung“ in einem Stück schwierig.

Aber auch die eigene Organisation der Arbeit in der Kanzlei ist oft Ursache für die „Liegezeiten“ der Fälle im Regal bzw. in der DMS. E-Mail und Telefon „stören“ den Arbeitsablauf, die Kollegen und der Chef haben Fragen …

Gerade bei der Bearbeitung anspruchsvoller bzw. Zeit intensiver Aufgaben führt das „Immer wieder anfassen“ nicht nur zu ineffizienter Arbeitsweise und so zu schlechten Deckungsbeiträgen, auch die Fehlerhäufigkeit nimmt zu.

Wie aber schaffen Sie es stille Stunden zu schaffen, die sowohl von Ihren Mitarbeitern genutzt als auch von Ihren Mandanten akzeptiert werden?

Hier unser Kanzlei – Hack:

Stille Zeiten – Schritt für Schritt

Natürlich können Sie nicht einfach von einem Tag auf den anderen die Kanzlei zu bestimmten Zeiten „zuschließen“.

Wie immer liegt der Erfolg im Leben in der VorbereitungDurchführung und Kommunikation.

Schritt 1: Vorbereitung

Es ist nicht sinnvoll, stille Zeiten für einzelne Mitarbeiter einzuführen – es sei denn sie haben ein Einzelbüro. Ansonsten planen Sie diese Zeiten immer raumweise. Haben sie nur einen oder zwei Räume, kann es auch sinnvoll sein, die gesamte Kanzlei zu schließen.

Bekommen Sie jetzt keinen Schreck – wir haben das alles schon getestet und die Kanzleien haben keine Mandanten verloren.

Bei der Planung sollten sich alle Kanzleimitglieder zusammen finden.

Auf einem Flipchart oder einer Pinnwand wird der „Wochen-Stundenplan“ der Kanzlei nach Räumen aufgezeichnet. Wer ist wann da? Welches sind die Haupt-Kommunikationszeitenin der Kanzlei?

So hat es sich z. B. bewährt, die stille Zeit nicht gerade auf den Montagvormittag zu legen.

Auch die Leistungskurve eines Arbeitstages sollte nicht außer Betracht bleiben: Nach der Mittagspause ist nicht der ideale Zeitpunkt, sich besonders schwierigen Arbeiten mit hohem Konzentrationsbedarf zu widmen.

Gemeinsam werden Sie schnell die Zeiten ausmachen, die sich eignen.

Der Zeitrahmen muss ebenfalls gut überlegt sein. Mindestens zwei Stunden sollten es schon sein. Die meisten Kanzleien haben sich auf vier Stunden pro Woche fest gelegt.

Und: Die Zeiten sollten feste Zeiten pro Woche sein. Ihre Mandanten können gut damit leben, wenn sie und Ihre Mitarbeiter mal vier Stunden nicht erreichbar sind (das kennen sie von Fortbildungen oder Halbtagsmitarbeiterinnen). Sie können aber ganz schlecht mit nicht planbarer Erreichbarkeit leben!

Schritt 2: Durchführung

Wie jede Veränderung wird sich die Institution der stillen Zeiten erst ungewohnt anfühlen. Die Angst vor der Verärgerung von Mandanten, Chef und Kollegen halten manche Mitarbeiter ab, das Programm „durchzuziehen“.

Jedes Projekt braucht einen „Treiber“. Hier stehen Sie als Chef in vorderster Reihe! Wenn Sie nicht bereit sind, die stillen Zeiten Ihrer Mitarbeiter zu akzeptieren (bzw. Ihre eigenen Zeiten zu verteidigen), werden auch Ihre Mitarbeiter schnell die Lust an diesem Projekt verlieren.

Gerade am Anfang sollten Sie die Zeiten extrem genau und konsequent einhalten!

Das fällt oft nicht leicht. Stellen Sie sich einfach vor, Sie sind Zirkusdirektor – gar nicht so schwer oder? Unter welchen Umständen würden Sie den übenden Seiltänzer ansprechen?

Natürlich geht es bei unserer Arbeit nicht um Leben und Tod, aber auch eine Bilanz ähnelt ja manchmal einem Seiltanz, bei dem jeder Schritt „sitzen“ muss.

Ganz besonders wichtig: Machen Sie „stille Zeiten mit Ansage“. Das bedeutet, dass die Inhalte vorher geklärt werden.

Die stillen Zeiten sind für konzentrationsintensive Arbeiten gedacht: Also insbesondere Jahresabschlüsse oder Beratungsprozesse!

Ausnahmen bestätigen die Regel: Die Abstimmung von umfangreichen Anzahlungen in der Fibu, die komplizierte Abrechnung des Kurzarbeitergeldes im Lohn, die Vorbereitungen für das Weihnachtsrundschreiben oder der monatliche „Rechnungsdurchlauf“ im Sekretariat sind andere sinnvolle Tätigkeiten für die störungsfreien Zeiten.

Entscheidend ist, dass Ihre Mitarbeiter die stille Zeit entsprechend planen!

Folgende Vorgehensweise ist perfekt:

Es gibt einmal die Woche eine Arbeitsbesprechung, bei der die Mitarbeiter ankündigen, welche Fälle sie in ihrer stillen Zeit in der nächsten Woche in Angriff nehmen wollen. Die Besprechung der Ergebnisse der Arbeit, z. B. der Bilanz, wird dann sofort danach geplant.

Wir empfehlen den Donnerstag für die Arbeitsbesprechung – am besten nach der Mittagspause.

Die Gründe: Wenn am Donnerstag klar ist, welche Bilanz der Mitarbeiter am Dienstag in seiner stillen Zeit anpacken will, ist noch Zeit. Zeit Unterlagen – vielleicht auch durch den Chef – anzufordern. Zeit kanzleiintern Fragen zu klären.

Schritt 3: Kommunikation

Um Ihre Mitarbeiter ins Boot zu holen, brauchen Sie gar nicht so viel. Wie oft haben die sich schon über Störungen beklagt? Gehen Sie darauf ein und schlagen Sie die Maßnahme vor.

Einige Mitarbeiter haben das vielleicht schon versucht und winken ab: „Das klappt ja sowieso nicht!“.

Zeigen sie ihnen anhand unserer Methode auf, wie es doch gehen kann. Nämlich wenn alle gemeinsam die Entscheidungen treffen.

Eine zentrale Rolle spielt natürlich Ihr Sekretariat. Denn für die stillen Zeiten brauchen Sie eine „Firewall“. Eine komplette „Schließung“ der Kanzlei werden Ihre Mandanten nur schwer verstehen.

Nicht nur sie, auch andere Geschäftspartner bis hin zum Postboten, erwarten zu Recht die Besetzung des Büros zu den üblichen Zeiten.

Wenn Sie kein Sekretariat im klassischen Sinne haben sind Ihre Mitarbeiter es ja ohnehin gewohnt, diese Aufgaben mit zu übernehmen.

Entscheidend für den Erfolg der stillen Zeiten ist die Konsequenz und Berechenbarkeit aus demBlickwinkel des Mandanten.

Hier ist der erste Schritt ein Rundschreiben, das die stillen Stunden, Ihre Gründe und ihren Nutzen auch für den Mandanten aufzeigt.

Eine mögliche Formulierung könnte so aussehen:

Einen schönen guten Tag ….,

 es gibt Aufgaben, für die braucht man einfach mal Ruhe, um sie konzentriert ausführen zu können. Ruhe ist heute in Zeiten von Telefon und E-Mail in einer Kanzlei schwer zu finden. Mandantenbesuche und die Absprache mit Chef und Kollege gehören zum Tagesgeschäft.

Gerade das Steuerrecht fordert aber oft alle unsere grauen Zellen damit wir für Sie das Optimum heraus holen.

Daher hat jeder unserer Mitarbeiter vier Stunden in der Woche „stille“ Zeit, anspruchsvolle Arbeiten für Sie zu erledigen.

Damit Sie sich darauf einrichten können, haben wir Ihnen die Zeiten der einzelnen Mitarbeiter hier aufgeführt.

Sollte Ihr Anruf in diese Zeit fallen wird unser Sekretariat/ Frau X diesen gerne entgegen nehmen und dafür sorgen, dass Sie entsprechend zurück gerufen werden.

Oder Sie schreiben direkt eine Mail und der/ die gewünschte Sachbearbeiter(in) ruft Sie zeitnah zurück/ innerhalb von 4 Stunden zurück.

 Beste Grüße

…..

Nach unseren Erfahrungen haben Sie damit die Mandanten schon überzeugt.

Sicher wird es trotzdem dauern bis sie sich an die „neuen“ Zeiten gewöhnt haben.

Für diese Zeit ist die Kommunikation des Sekretariats sehr wichtig.

Reagieren Sie verständnisvoll aber konsequent, wenn der Mandant wieder nicht daran gedacht hat. Also nicht „Ausnahmsweise…, beim nächsten mal…“. Sondern: „Macht ja nichts, wenn Sie nicht daran gedacht haben, Sie haben ja mich und ich erinnere Sie gerne. Frau ,.. ruft Sie dann gegen 12:00 Uhr an. Wo kann sie Sie denn dann am besten erreichen?“. Sie werden sehen, es spielt sich schnell ein.

Natürlich gibt es „Härtefälle“. Manche Menschen sind gut darin, sich „Sonderbehandlungen“
zu erkämpfen.

Damit die „Firewall“ funktioniert, muss es in der Kanzlei allen klar sein, ob und dann welche Mandanten tatsächlich eine Sonderbehandlung bekommen sollen. Mein Vorschlag: Zunächst mal Niemand!

Die Ausnahmen reservieren Sie für wirklich dringende Situationen, nicht für bestimmte Personen!

Geben Sie dem Sekretariat ein paar Sätze an die Hand, die helfen, sich „Nörgler“ vom Hals zu halten.

Ganz ehrlich: wie oft ist es w i r k l i c h dringend?

Mögliche Einwände der Mandanten und Ihre Reaktionsmöglichkeiten

  • Euch kann man eh schon immer kaum erreichen! Jetzt wird es noch schlimmer.

Antwort: „Durch die festen stillen Zeiten werden wir im Gegenteil besser berechenbar.
Sie wissen genau wann Sie uns erreichen können und wann nicht.

  • Ich muss den Chef/ den Mitarbeiter aber sofort sprechen. Es ist sehr dringend!

Antwort: „Oh je was ist denn passiert? Schildern Sie mir doch kurz das Problem und

wir finden bestimmt einen Weg.“

(Meist wird dann auch dem Mandanten schnell selbst klar, dass es so dringend doch nicht war.)

Tipp: Wenn der Mandant immer noch nicht „aufgibt“: „Das hört sich wirklich   dringend an.
Wissen Sie was, ich habe hier zwar schon einige Rückrufbitten von  anderen Mandanten, aber ich
setze Sie ganz oben auf die Liste. Herr/ Frau…     meldet sich dann als erstes bei Ihnen. Wie
erreicht er Sie denn um 13:00 Uhr?

  • Herr … wartet dringend auf meinen Rückruf.

Antwort: Davon hat er mir gar nichts gesagt. Auch ich kann ihn telefonisch nicht  erreichen. Ich
setze sie aber ganz oben auf die Liste….

  • Bei Ärzten: „Ja wissen Sie, eine Bilanz ist ähnlich kompliziert wie eine Wurzelbehandlung/ Ultraschalluntersuchung/ …. Da wäre eine Unterbrechung wirklich nicht gut.
  • Bei Handwerkern: Suchen Sie Beispiele aus dem jeweiligen Gewerk:

Maurer: Gießen einer Betondecke

Tischler: Beizen eins antiken Schrankes

Gastronom: Gourmet-Fünfgang-Menü

etc.

 

Auch bei anderen Mandanten gibt es berufliche Situationen, in denen sie nicht gestört werden können / wollen.

Fazit:

Mit der Einführung von stillen Zeiten haben Sie einen der Grundsteine auf dem Weg zum entspannten Arbeiten – nicht nur am Jahresende – gelegt.

Und los.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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