Unternehmerwissen für Steuerberater & Steuerkanzleien
Kannst Du es eigentlich noch hören? „Wirtschaftlich wird eine Kanzlei nur noch dann eine Zukunft haben, wenn es ihr gelingt, ihre heute oftmals noch überwiegenden Deklarations- und Fibu-Tätigkeiten konsequent zu automatisieren. Und es gleichzeitig schafft, einen erheblichen Teil des Umsatzes durch „echte“ Beratertätigkeit zu generieren.“ Solche oder ähnliche Aussagen finden sich seit Jahren in Artikeln und Vorträgen.
Zudem wird uns von Kammern, Verbänden und Softwareherstellern auch schon seit langer Zeit empfohlen, „neue“ Geschäftsfelder zu besetzen. Auch die Einführung der verschiedenen Fachberater-Titel zielt darauf ab, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen.
Zusammengefasst: Zu wahr um schön zu sein?
Bist Du nicht ursprünglich angetreten, um steuerlich zu beraten? Dann los – und dass sich Steuern und der Rest der Betriebswirtschaft nun mal nicht trennen lassen, ist Erst-Semester-Stoff.
Oft findet man in Kanzleien die Beratungsleistungen aber immer noch ausschließlich in der Leistungserfassung – im Rechnungsausgangsbuch sucht man sie vergebens.
Wenn Du mit Deiner Kanzlei einen offen ausgewiesenen Umsatzanteil von mehr als 10 % ausweist, bist Du die absolute Ausnahme.
Aber warum tun sich viele Steuerberater damit so schwer? Denn nach unserer Erfahrung beraten viele Kolleginnen und Kollegen ausgiebig, mit viel Zeitaufwand und machen sich viele Gedanken zum Thema Haftung.
Häufig wird aber die Messlatte dafür, was als „Beratung“ im Sinne einer abrechenbaren Leistung gelten darf, sehr hoch gelegt: Unterhalb der kompletten Unternehmensnachfolge oder der kompletten Umstrukturierung eines Unternehmens wird meistens gar nicht von „Steuerberatung“ gesprochen.
Zu welchem Effekt das führen kann? Nun: Dass Du und auch Deine Mitarbeiter manchmal selbst nicht mehr wahrnehmen, an wie vielen Stellen im Alltag Mandanten Beratung zuteil wird. Wenn Du aber selbst Deine Tipps und Warnungen für den Mandanten nicht als Beratung ansiehst, sondern als Teil der Fibu, der Bilanz oder der Einkommensteuer, ist es eigentlich kein Wunder, wenn auch Deine Mandanten ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass solche Beratungen inklusive sind.
Im ersten Schritt auf dem Weg in die echte Beraterkanzlei geht es also darum, Beratung für den Mandanten auf den Schirm zu bringen.
Ein Beispiel: Dein Mandant ist Holzgroßhändler und importiert auch Holz aus dem Ausland. Im Rahmen einer Lieferung kommt die Frage nach der Einfuhrumsatzsteuer auf. Gerne auch dann, wenn der Laster mit der Lieferung schon bei Deinem Mandanten auf dem Hof steht. Dann sollst Du oder Deine Mitarbeiter „mal eben“ eine schnelle Antwort geben…
Buchführung oder Beratung?
Aus unserer Sicht gibt es zwei Grundsätze für die Definition von Beratung:
Das, was wir gerne die „große“ strategische Steuerberatung nennen, betrifft grundlegende Entscheidungen des Mandanten. Von der Existenzgründung bis zur Unternehmensnachfolge gibt es ein weites Feld, auf dem Du Dich als Berater tummeln kannst.
Die große Steuerberatung zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht zwangsläufig bei jedem Mandanten vorkommt. Sie zeichnet sich weiterhin dadurch aus, dass sie häufig sehr anspruchsvoll und umfangreich – und dadurch auch mit hohem Honorar -verbunden ist. Nicht zuletzt ist natürlich auch erforderlich, dass Du bei dem Thema fest im Sattel sitzt. Nicht umsonst bilden sich bei diesen Themen Spezialisten heraus.
Mandanten geben bei Umfragen immer wieder an, dass sie aktiv beraten werden wollen. Bedeutet dies nun, dass Du Deine Mandanten genau mit diesen großen Themen „bombardieren“ sollst? Die Erfahrung lehrt, dass Mandanten auf „Akquise-Tätigkeiten“, die diese Themen betreffen, eher verhalten reagieren.
Was Mandanten tatsächlich meinen, wenn sie von aktiver Beratung sprechen, ist das, was wir die „kleine“ Steuerberatung oder auch die „Alltagsberatung“ nennen: Der „durchschnittliche“ Mandant will eben gar nicht jedes Jahr sein Unternehmen umstrukturieren oder über seine Nachfolge nachdenken. Aber er muss sich mit den ganz kleinen, alltäglichen Problem herumschlagen. Dabei möchte er von Dir unterstützt werden. Im Moment steht hier das Thema „Betriebsprüfungsprophylaxe“ ganz oben an.
Der Mandant „bucht“ Dich als Risikomanager! Er möchte nicht jeden Tag angerufen werden. Er möchte auch nicht jeden Monat die BWA lesen. Was er möchte ist, dass Du bzw. Deine Mitarbeiter die BWA lesen und ihn dann ansprechen, wenn Handlungsbedarf besteht.
Und um den Bogen zur Digitalisierung zu schlagen: Auch Dein Mandant kämpft mit den Folgen all der aktuellen Entwicklungen. Hier bietet sich für Dich eine gute Möglichkeit, sich als echter „Alltagsbegleiter“ Eurer Mandanten zu beweisen.
Egal ob kleine oder große Steuerberatung: Ohne die Wahrnehmung in der Kanzlei wird Dir der Verkauf Eurer Beratungsleistungen an den Mandanten immer schwerfallen.
Dein Mandant kauft wie alle anderen Kunden auch nicht gerne die Katze im Sack. Er möchte vor der Kaufentscheidung wissen, was er bekommen wird und natürlich ganz besonders: Was wird es kosten?
Gerade im Bereich der Beratung ist er da noch mal unsicherer als bei den Standarddienstleistungen, die er ja meist schon seit Jahren bezieht.
Meist ist Dein Mandant nicht „beratungs- und honorarresistent“ – er ist einfach nicht bereit ein Angebot ohne klaren Inhalt und ohne klaren Preis zu kaufen. Zusätzlich versteht er oft nicht, warum er die Beratung überhaupt braucht.
Häufig hat er so eine Beratung bei Dir bisher ohne Honorar erhalten – warum soll er jetzt plötzlich etwas bezahlen?
Den optimalen Einstieg in das Thema „Beratungsprodukte“ liefern Dir eigenständige Themen – hier gibt es auch Honorartechnisch keine „verbrannte Erde“ – z.B. die Beratung zu den GoBD.
Auch Themen, die eher nur selten im Leben eines Unternehmers vorkommen, eignen sich hervorragend um das neue Konzept auszuprobieren. Hier bieten sich die UN-Nachfolge oder auch z. B. der Erwerb einer Immobilie an.
Tipp: im eBook „Honorarakzeptanz bekommst Du ein paar grundlegende Tipps, wie Du den Wert Deiner Leistung vermittelst
Dieses Thema ist ja nicht mehr ganz neu… In vielen Kanzleien hat aber die systematische Beratung der Mandanten zu diesem Thema noch nicht umfassend stattgefunden.
Natürlich hast Du Deine Mandanten schon informiert oder? Vorlagen für Rundschreiben gibt es ja von Kammern, Verbänden und Softwareherstellern genug.
Ob Deine Mandanten die Info gelesen haben – und ob sie sie verstanden haben – sei mal dahin gestellt. Die meisten Kanzleien machen die Erfahrung, dass von Information allein noch keine Aufträge ins Haus flattern. Selbst der fett gedruckte Aufruf: „Gerne beraten wir Sie zu diesem Thema – rufen Sie uns an… „ hat meist nur mäßige Wirkung.
Ein Problem: Deine Mandaten wissen auf diese Weise nicht, worauf sie sich eigentlich einlassen, wenn sie sagen: „Ich will dazu beraten werden.“
Wie wird die Beratung aussehen, was wird sie kosten, wieviel Aufwand entsteht vielleicht beim Mandanten selbst,….???.
Wenn Du Beratung wirklich verkaufen willst, brauchst Du ein klar umrissenes Produkt mit einem klaren Preis.
Und jetzt hören wir sofort Deinen Widerspruch: „Ja, aber …:
Natürlich ist die erste Voraussetzung, dass es jemanden in der Kanzlei gibt, der sich dem Thema inhaltlich gewachsen fühlt. Die Fortbildung zu diesem Thema ist aus meiner Sicht im Moment wesentlich wichtiger als „Neues aus der Einkommensteuer“ …
Und natürlich muss Zeit für die Beratung da sein – dazu später mehr.
Das Thema der „Honorar-Resistenz“ ist aber ganz einfach zu lösen.
Drehe den Satz des Mandaten: „Ich möchte zwar beraten werden, aber nichts bezahlen.“ doch mal um:
„Du möchtest nichts bezahlen, also bekommst Du keine Beratung.“
Was in vielen Kanzleien passiert, ist: Der Mandat erhält die Beratung, macht aber die Erfahrung, dass er nachher nichts bezahlen muss, nur weil er sagt, er wolle nichts bezahlen. Du kannst diese Methode ja nächstes Mal beim Einkaufen oder beim Arzt probieren – schau mal ob´s klappt.
Fakt ist doch Folgendes: Ein (schriftlich oder nicht) begründetes Mandatsverhältnis führt in der Regel dazu, dass Du als Berater für alle Belange, die auch nur entfernt etwas mit Steuern zu tun haben, verantwortlich bist. So die grobe Zusammenfassung der Rechtsprechung.
Fakt ist aber auch: Nirgendwo in der StBVV steht, dass Du das kostenlos tun musst!
Wenn Du aber Geld vom Mandanten haben willst, brauchst Du ein klares Angebot, dass er annehmen oder ablehnen kann.
1. Der Teaser – die „Einstiegsdroge“
Um den Mandaten an eine später intensivere Beratung heran zu führen, brauchst Du ein kostenloses oder zumindest niedrig bepreistes Einstiegsprodukt. Gut funktionieren an dieser Stelle „Checks“ oder „Fragenkataloge“ oder „Simulationen“ einer bestimmten Situation.
Bleiben wir bei den GoBD:
Für den kostenlosen Einstiegscheck stellst Du Deinen Mandanten zunächst nur z. B. diese 5 Fragen:
Wenn nur ein „Ja“ heraus kommt, hast Du den Einstieg in die Beratung geschafft.
Du kannst Dir natürlich eigene Fragen überlegen – die Auswahl ist ja riesig – man denke nur an das Feld „Kasse“.
Überlass an dieser Stelle das Ausfüllen des Checks nicht dem Zufall. Das kann der Fibu-Sachbearbeiter bei der monatlichen Buchführung mit dem Mandanten kurz durch gehen und dokumentieren. Dauert 10 Minuten.
2. Zwei bis drei „Beratungspakete“ zur Auswahl
Die zu honorierenden Beratungspakete können für die GoBD-Beratung in etwa so aussehen:
Mit einer von Dir gelieferten Muster-Verfahrensanweisung setzt Du Dich mit Deinem Mandanten in der Kanzlei zusammen und füllst die wichtigsten Punkte gemeinsam aus.
Dauer ca. 1,5 Stunden.
Das Grundgerüst steht und Dein Mandant ist für die Betriebsprüfung zumindest nicht ganz „nackt“.
Bei dieser Gelegenheit gibt es von Dir noch ein paar Tipps zur Verbesserung des „GoBD-Rankings“.
Hier erhält Dein Mandant von Dir vor Ort in seinem Unternehmen eine komplette Prozessberatung – Du erarbeitest mit ihm quasi den QM-Prozess: Rechnungswesen GoBD sicher.
Dauer: Je nach Betrieb 1 – 3 Berater-Tage
Paket „Do-It-Yourself“:
Dein Mandant erhält von Dir eine kurze Muster-Verfahrensanweisung mit einer Anleitung, was er auszufüllen hat.
Er unterschreibt Dir, dass er sich selbst um das Thema kümmert, und von Dir keine weitere Beratung wünscht – natürlich erhält er weiter regelmäßig Infos zum Thema.
Dauer: Zeit für die Zusendung/ Überreichung der Unterlagen
3. Die Angebotslogik – wem bietest Du welches Produkt an?
Stell Dir vor, alle Mandaten wollen das Komplettpaket… Wahnsinn, das kannst Du ja allein zeitlich gar nicht schaffen.
Keine Sorge, das passiert natürlich nicht.
Noch mal, Du musst inhaltlich liefern können, was Du anbietest. Aber das musst Du bei allen anderen Dienstleistungen ja auch 😉
Du kannst Dir die jeweilige Zielgruppe nach der Risiko-Logik suchen:
Muss der Mandant Deiner Empfehlung folgen? Nein. Er entscheidet, was er möchte.
Du musst allerdings die Härte mit bringen, einem Mandanten, der nicht beraten werden will, auch nicht zu beraten (Dokumentation der zu erwartenden Probleme in der Betriebsprüfung). Geholfen werden kann nur dem, der sich helfen lässt.
Es geht Dir ja nicht darum , Deinen Mandanten irgend etwas „anzudrehen“, was er nicht braucht. Genau dadurch unterscheidest Du Dich doch als Steuerberater von allen anderen auf dem Markt. Daraus resultiert auch unseres Erachtens zum Teil der große Vertrauensvorschuss, den wir gegenüber anderen Branchen – zu Recht – haben.
Dieses Vertrauen sollten wir nicht verspielen. Dazu gehört auch noch ein anderer Aspekt: Deine Mitarbeiter haben sich in der Regel für ihren Beruf entscheiden, weil sie eben nicht Verkäufer werden wollten. Daher reagieren Deine Mitarbeiter beim Thema „Verkaufen“ mindestens so sensibel wie Ihre Mandanten.
Durch ein klares Angebot lässt Du Deinem Mandanten die Wahl. Er entscheidet mit Deiner Empfehlung welche Beratung er wählt. Du erkennst den Unterschied? Eigentlich reden wir nicht mehr davon, ob er sich beraten lässt, sondern wir (Du) reden davon, welche Beratung er nimmt.