Unternehmerwissen für Steuerberater & Steuerkanzleien

4-Tage-Woche

4-Tage-Woche und Co. – Leben und Arbeit gut aufeinander abstimmen

Bleib am Ball

mit dem 14-tägigen Newsletter.

Impulse und Tipps zur Kanzleientwicklung, praktische Arbeitshilfen und aktuelle Branchentrends

Die 4-Tage-Woche: Hype oder sinnvolle Weiterentwicklung?

Die 4-Tage-Woche ist aktuell eines der ganz großen Themen in unserer Branche.

Es gibt eine Reihe von Kanzleien, die sie ausprobieren, einige „leben“ sie tatsächlich schon. Auch im delfi-net gibt es bereits mehrere Kanzleien, die sich für dieses Arbeitszeitmodell entschieden haben. Auf dem Weg zu flexibleren Arbeitszeiten haben wir schnell gemerkt: Da müssen wir richtig Hirnschmalz investieren und uns gut abstimmen, was wirklich für jeden in der Kanzlei passt. Vom Azubi bis zum Chef. Und natürlich auch für unsere Mandanten.


Denn: Auf die Website oder in eine Stellenanzeige ist die 4-Tage-Woche schnell geschrieben – in der Praxis müsst Ihr dann aber auch liefern.

Die 4-Tage-Woche ist dabei nicht das einzige Modell ,die Arbeitszeit zu flexibilisieren und damit die Arbeit dem Leben anzupassen statt wie „früher“ umgekehrt.
Auf Eurem Entscheidungsweg solltet Ihr Euch viele Fragen stellen. Die wichtigsten zeigen wir Euch hier, weil wir denken, dass sie Euch nützlich sein werden.

Ist die 4-Tage-Woche das richtige für uns?

Auf die Idee sind wir gekommen, weil wir bei den delfi-net Treffen immer wieder Wege suchen, neue MitarbeiterInnen zu finden – das Problem habt Ihr sicher in Eurer Kanzlei auch, oder? Bei der Analyse der vielen Stellenanzeigen fallen zwei Begriffe immer wieder: „Homeoffice „und „4-Tage-Woche“.

Homeoffice haben wir schon lange, davon habe ich im Blogbeitrag Homeoffice- diese 5 Fragen solltest Du Dir jetzt stellen berichtet.

Die 4-Tage-Woche scheint auch zu „ziehen“. Hörte sich auch für unsere Kanzleien im delfi-net sofort  total attraktiv an. Als erstes solltet Ihr schauen, wie Ihr denn jetzt arbeitet.

Ausgangslage analysieren – wie/ wann arbeiten wir heute

Und siehe da: In Kanzleien gibt es schon eine ganze Reihe von Arbeitszeitmodellen, hier Beispiele aus einer typischen Kanzlei:

  • Jenny, die „Orga-Heldin“ arbeitet „klassisch“ von 8:00 bis 17:00 Uhr, freitags schließt die Kanzlei um 13:00 Uhr.
  • Sabine macht überwiegend Jahresabschlüsse. Sie arbeitet schon seit einiger Zeit „ergebnisorientiert“ – ihre Arbeitszeit ist komplett flexibel in Kombi mit viel Homeoffice.
  • Jutta hat ja zwei Kinder von 5 und 8 Jahren. Die sorgen per se schon für Flexibilität .😉
  • Leon, der Azubi ,hat einen Tag Schule die Woche und kommt die restlichen 4 Tage von 8:00 bis 16:30 Uhr
  • Jasmin hat in ihrer alten Kanzlei in Berlin eh schon 4-Tage Woche gehabt und das auch hier weiter geführt – arbeitet aktuell also Teilzeit.
  • Julia verteilt ihre 32 Stunden auf 5 Tage

Da sag  noch mal einer, wir sind nicht flexibel wie Gummibärchen. Ist manchmal in Sachen Zusammenarbeit und Erreichbarkeit auch eine echte Herausforderung. Dazu mehr im Blogbeitrag „interne Kommunikation“ Link

Was uns bei dieser Analyse klar geworden ist: Jeder von uns hat sein eigenes Leben und damit eigene Vorstellungen, wie sich die Arbeit „einpassen“ lässt.

Erkenntnis 1

Die Bandbreite zwischen „Jeder arbeitet, wann er will“ und „Alle arbeiten 5 Tage, die Woche“ ist riesig.

Erkenntnis 2

Wir selbst und unsere Mandanten leben schon lange Flexibilität bei der Arbeit.

Eine gute Basis um weiter an dem Thema zu denken – das konkrete Arbeiten kommt dann eh erst später.
Für uns stellt sich die Frage: Ist die 4-Tage-Woche das System, dass für Dich wirklich passt? Und was gibt es sonst noch?

4-Tage-Woche und Co. Ein Überblick

Eine erste Abfrage mit ChatGPT ergab gleich eine ziemlich lange Liste mit Arbeitszeitmodellen.
Feste Arbeitszeiten, Gleitzeit und Teilzeit kennen wir alle.
Hier die „Neuen“:

  • 4-Tage-Woche
  • Voll flexible Arbeitszeiten – nur der Umfang der Arbeitszeit ist fest gelegt.
  • Vertrauensarbeitszeit – hier wird nicht „kontrolliert“ – beißt sich natürlich mit dem neuen „Stechkartengesetz“.
  • Saisonale Arbeit – durchaus vorstellbar zum Beispiel für Kollegen, die ausschließlich Abschlüsse machen.
  • Arbeitszeitkonten – Nur die Jahresarbeitszeit steht fest, der Rest wird nach Belieben (und natürlich nach Notwendigkeit) verteilt.
  • Familiäre Arbeitszeitmodelle – meist eine Kombi aus den anderen genannten – begrenzt auf die Elternzeit
  • Langzeit-Urlaub Sabbatical -hier geht es darum längere Auszeiten (meist deutlich mehr als 6 Wochen) anzusparen.
  • Flex-Friday – dabei bleibt der Freitag grundsätzlich frei, die Mitarbeiter haben aber die Option arbeiten zu kommen, wenn sie es denn wollen. Das Modell basiert auf der 4-Tage-Woche, ohne den „Beton“ Frei-tag.

Wie Ihr sicher auch seht, ist nicht jedes Modell für die gesamte Kanzlei geeignet.
Wir haben für uns entschieden, dass für uns nur zwei „Grundmodelle“ in Frage kommen: die 4-Tage-Woche oder die voll flexiblen Arbeitszeiten. Das heißt ja nicht, dass man in Einzelfällen mit anderen Modellen kombinieren kann.

Was ist klar?

  • Bei der 4-Tage-Woche wird an 4 Tagen gearbeitet, 3 Tage wird nicht gearbeitet. Der „freie“ Tag ist nicht unbedingt der Freitag, er bietet sich aus unserer Sicht aber an.
    Auch im allgemeinen Sprachgebrauch wird die 4-Tage-Woche so verwendet: Freitag ist frei. Insoweit muss man da weder nach innen, noch nach außen gegenüber Mandanten und potentiellen Mitarbeitern großartige Erklärungen abgeben.
  • Die Arbeitszeit wird reduziert – sprich die Arbeitszeit, die bisher am Freitag gearbeitet wurde, fällt weg. Das bedeutet bei einem bisher voll gearbeiteten Freitag dann bei ursprünglich 40 Stunden/ Woche eine neue Arbeitszeit von 32 Stunden. Dann fallen also tatsächlich 20 % der bisherigen Arbeitszeit weg. Bei vielen Kanzleien fallen weniger Stunden weg, da freitags früher frei ist.
  • Die Arbeit selbst bleibt grundsätzlich gleich. Dabei ist die Annahme, dass immer noch „Luft“ ist, um die Effizienz zu erhöhen – dazu später mehr.
  • Das Gehalt bleibt gleich. Das nennt man dann wohl „vollen Lohnausgleich“. Bei gleicher Arbeit passt das.
  • Die Kanzlei ist am Freitag nicht erreichbar für Externe. Auch untereinander herrscht Funkstille.

Was ist unklar bzw. was muss geregelt werden?

Die wichtigsten Themen sind aus unserer Sicht:

TeilzeitmitarbeiterInnen

Alternative 1

Sie reduzieren anteilig ihre Arbeitszeit wie die Vollzeitmitarbeiter.

Alternative 2

Wo das nicht möglich oder nicht sinnvoll ist, wird das Gehalt      entsprechend angehoben. Zum Beispiel bei einer Kollegin, die 10 Stunden im Monat kommt.

Auszubildende

Wenn der Schultag nicht „zufällig“ auf den Freitag fällt, muss es auch eine Regelung geben. Soll der Auszubildende dann freitags allein in der Kanzlei sitzen?
Homeoffice ist für Azubis ja rechtlich nicht vorgesehen. Da ist Kreativität gefragt.

Thema: Lohnsachbearbeitung

Lohn ist Terminsache. Ihr macht für Eure Mandanten auch die Sofortmeldungen? Da scheint der freie Freitag schwer umsetzbar.
Ein Tipp aus dem delfi-net:
Ab sofort machen die Mandanten ihre Sofortmeldungen selber. Lohnsachbearbeiter haben die Erlaubnis Freitags ausnahmsweise zu arbeiten, wenn die „Datumsgrenze Lohn“ bei Stundenlöhne ungünstig fällt. Geht schon irgendwie seltsam über die Zunge, oder: Die Erlaubnis zu arbeiten 😇

Notfallnummer?

Besonders viel Respekt haben einige von Euch wohl davor, den Mandanten zu sagen: „Freitags sind wir nicht erreichbar.“
Die Erfahrung: Die allermeisten Mandanten haben total entspannt reagiert. Da ist sogar Bewunderung und Neugier dabei. Das Thema spielt offenbar auch bei unseren Mandanten dieselbe Rolle wie bei uns.
Die meisten Kanzleien haben den AB am Freitag mit einem Hinweis auf unsere 4-Tage-Woche laufen.
Das durchschnittliche Ergebnis der ersten Wochen: 95 % der Anrufer (es waren meist unter 10) haben einfach wieder aufgelegt. Eine Krankenkasse hat um Rückruf am Montag gebeten.

Effizienzgewinne realisieren – wie schaffen wir die Arbeit

Gleiche Arbeit bei weniger Stunden? Da darf man kurz die Frage stellen: Haben wir vorher so viel gequatscht und gebummelt, dass das schon passen wird? Hmm.
10 % „Luft“ können wir uns gut vorstellen – da kann man mal einen Zahn zulegen – aber schafft man das auf Dauer? 15 % sehen wir als echte Herausforderung an. Manche Kanzleien müssten ja 20 % „einsparen“. Doppel Hmm.
Ohne also an der Arbeit selbst etwas zu verändern, wird das aus unserer Sicht auf Dauer nicht klappen.

Digitalisierung ausreizen

Da kommt die Digitalisierung wieder ins Spiel. Viele Kanzleien, die wir kennen, sind schon ziemlich digital und sind zurecht etwas skeptisch, ob das wirklich noch zusätzlich Entlastung bringen kann.
Irgendwas geht tatsächlich immer – und es kommen ja auch immer neue Möglichkeiten dazu.
Unsere Tipps:

Digitalisierung konsequent von Mandanten einfordern

Viele Kanzleien nutzen Tools/ Portale und Schnittstellen – super. Allerdings oft nicht „flächendeckend“.

Unser Tipp: Macht Euch eine Übersicht bzw. nutzt die  Digitalisierungsauswertungen von Datev und Co, um zu schauen, bei welchen Mandanten Ihr noch nicht wirklich alles ausnutzt.

Hier sind wir im delfi-net fündig geworden: Ob Scannen für Mandanten, die digitale Unterschrift, die digitale Belegeinreichung über eine Plattform (auch für die Einkommensteuer), oder die Einrichtung von Schnittstellen, die uns die Mandantendaten direkt zuspielen (vor allem auch bei „Kassenpatienten“ und im Lohn), …
Und wir haben doch tatsächlich auch noch Mandanten gefunden, die immer noch keinen Kontoauszugsmanager haben – Schande über uns.

Interne Kommunikation verschlanken

Und damit meine ich nicht das „Quatschen“. Verbannt die internen Mails zugunsten einer Chat-Lösung. Telefoniert nur noch, wenn es per Chat gar nicht funktioniert. Verkürzt Eure Meetings. 20 Min am Stehtisch oder auf zoom ist die Obergrenze – und ja, da fällt tatsächlich auch das Quatschen mit weg. 😇
Es muss auch nicht immer die „UNO-Vollversammlung zu jedem Thema sein Überlegt vorher gut, wer beim Meeting wirklich dabei sein muss. Arbeitsbesprechungen finden meist 1:1 mit dem Chef oder einem Teamleiter statt. Dadurch nimmt nach unserer Erfahrung die „Meeting-Fatigue“ – also die Langeweile und damit Ermüdung durch zu lange Meetings mit Themen, die einen selbst gar nicht betreffen – deutlich ab und Ihr spart zusätzlich Arbeitszeit.

Mandanten auf den Prüfstand stellen

Ihr seid bei der Neuannahme von Mandanten schon viel umsichtiger geworden. Die knappen Kapazitäten während der Pandemie haben da Spuren hinterlassen. Digitalisierung ist für Neumandate zumindest nach einer Anlaufphase Pflicht und wer sich nicht an Eure Spielregeln hält (Anlieferung Belege, Reaktionszeit Rückfragen, etc.), wird konsequent daran erinnert und in die Verantwortung genommen.
Das Thema „Spielregeln Mandant“ erarbeiten wir gerade mit den delfi-net Kanzleien bei den Netzwerktreffen im Februar. Das passende Webinar gibt es am 13. März – Infos und Anmeldung findest Du unter diesem Blogbeitrag.

Dienstleistungen auf den Prüfstand stellen

In dem Zusammenhang durchforstet doch bitte Euer Dienstleistungs-Portfolio. Baulohnabrechnungen für 3 Mandanten? Betreuung von mehr als 15 unterschiedlichen Branchen? Scannen für Mandanten? 10 maliger Erinnerungsservice bei fehlenden Belegen? Beratungsthemen selbst stemmen, die selten vorkommen (Umwandlung und Co.)?

Fazit: 4-Tage-Woche – Machen wir

Alles in allem sind wir zuversichtlich, dass für Kanzleien die 4-Tage-Woche jetzt ein richtiges Arbeitszeitmodell ist. Für uns ist auf Dauer die komplett variablen Arbeitszeit ein sinnvolles und attraktives Ziel . So sehen wir die 4-Tage-Woche als den jetzt nächsten großen Schritt in Richtung „Work-Private-Balance“ an. Mal sehen, was uns die Erfahrung lehrt.

Hier ist unser ultimativer Tipp dazu: Gönnt Euch bei diesem Thema eine gute Vorbereitungszeit und vereinbart einen Testzeitraum, ehe Ihr das für Euch ideale Modell „scharf“ schaltet. Denn: In eine Stellenanzeige ist die 4-Tage-Woche schnell geschrieben – liefern muss die Kanzlei aber im Alltag. Und das eben nicht nur für neue Mitarbeiter, sondern besonders für das bestehende Team.

Mehr smarte Inhalte für Dich

Dein Spiel - Deine Regeln

Wir zeigen Dir wie Du mit klar vereinbarten und kommunizierten Spielregeln die Zusammenarbeit mit Deinen Mandanten effizienter gestaltest.

Spielregeln Mandant
13. März 2024

Du willst Deine Kanzlei dauerhaft vorwärts bringen?

Mit dem MonatsAbo erhältst Du Zugriff auf all unsere Webinare und kannst an den kommenden Webinaren live teilnehmen.

Im Paket findest Du über 45 Stunden voller Erfahrungswissen und Anregungen zur Kanzleientwicklung.

Smarte Grüße

Deine Kanzleioptimisten